Stadt Meschede will möglichen Windpark bei Freienohl nicht mehr zurückstellen lassen

Die Stadt Meschede wird nicht weiter per Klage versuchen, eine Zurückstellung der Planungen für einen möglichen Windpark Freienohl-West zu erwirken. Mit Blick auf den geplanten Windpark Remblinghausen-Süd soll die Stadtverwaltung dagegen eine Klage gegen den HSK gegen den abgelehnten Antrag auf Zurückstellung einlegen. Diese Entscheidungen hat jetzt jeweils mehrheitlich der Mescheder Stadtrat getroffen.

Hintergrund: Nur wenige Tage zuvor hatte das Klinikum Hochsauerland gegenüber Kommunalpolitik und Verwaltung bekannt gegeben, mit dem Projektierer des Windparks Freienohl-West eine Kaufoption vereinbart zu haben. Das Klinikum möchte den Windpark erwerben, um so „langfristig die Belieferung seiner Krankenhaus-Standorte im Hochsauerlandkreis mit Strom ergänzend abzusichern“, wie Werner Kemper, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums, den Ratsfraktionen mitteilte. Daher bitte das Klinikum Rat und Verwaltung in Meschede, Erwerb und Bau des Windparks zu unterstützen und von einer Klage abzusehen.

Bei allen Fragen rund um die Steuerung des Windkraft-Ausbaus bewegen sich Politik und Verwaltung inzwischen in einer hochkomplexen Rechts- und Faktenlage. Die zentralen Punkte: Bereits im Jahr 2016 hatte ein Windkraft-Unternehmen den Bau der beiden Windparks beim HSK beantragt. Schon damals hatte die Stadt Meschede nach einer Ratsentscheidung eine Zurückstellung beantragt, die auch umgesetzt wurde. In der Zwischenzeit hatte zum einen das Verwaltungsgericht Arnsberg den aktuellen städtischen Flächennutzungsplan wegen eines Formfehlers verworfen – 2021 hatte sich deshalb der Stadtrat mehrheitlich dafür entschieden, einen neuen Flächennutzungsplan aufzustellen.

Und zum anderen musste auch das Windkraft-Unternehmen seine Planungen ändern. Denn: Die damals beantragten Windräder sind nicht mehr am Markt – bei den neuen Anlagentypen aber verändern sich nicht nur die Höhen, sondern zum Teil auch die Standorte. Nach Auffassung der städtischen Rechtsberatung handelt es sich durch diese Änderungen nicht mehr um eine Fortsetzung des früheren Antrags, sondern um ein völlig neues Verfahren. Das hätte zur Folge, dass die Stadt Meschede erneut eine Zurückstellung beantragen darf – was der Stadtrat im Jahr 2021 mehrheitlich so beschlossen hat. Allerdings: Rechtsauffassung beim HSK ist es, dass hier ein bestehendes Verfahren fortgesetzt wird. Deshalb, so Klaus Wahle, Leiter des Fachbereichs Planung und Bauordnung, habe der HSK den städtischen Zurückstellungsantrag abgelehnt.

In den vergangenen Tagen sei auch die ausführliche Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichts Münster eingetroffen, informierte Klaus Wahle, Leiter des Fachbereichs Planung und Bauordnung. Das OVG hatte entschieden, dass ein Zurückstellungsantrag der Stadt Meschede für den geplanten Windpark Vellinghausen/Kehren nicht rechtmäßig war. Die Stadt habe zum Zeitpunkt der Antragstellung „kein Sicherungsbedürfnis“ für ihre eigenen Planungen gehabt, zitierte Klaus Wahle aus dem Urteil – und diese Einschätzung bringe „erhebliche Probleme für ein neues Verfahren“ mit sich. Zudem sei eine mögliche Klage in dieser Sache nicht eilbedürftig – das bedeutet, dass das OVG frühestens nach einem bis anderthalb Jahren ein Urteil fälle. Dann aber sei die Zurückstellung ohnehin abgelaufen – eine aufschiebende Wirkung habe diese Klage auch nicht. Als „relativ aussichtslos“ beurteilt deshalb auch die städtische Rechtsberatung ein Klageverfahren.

Als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker „müssen wir Hobby-Juristen werden“, so CDU-Fraktionschef Marcel Spork. Man müsse feststellen, dass ein neuer Flächennutzungsplan „nicht an allen Stellen eine Steuerung ermöglichen wird“- gleichwohl sei dies die einzige Möglichkeit, überhaupt noch gezielt Einfluss zu nehmen. Es gelte nun, die neue rechtliche Situation genau zu bewerten, was in der Kürze der Zeit nicht möglich war. Um keine Fristen zu versäumen, schlug Marcel Spork deshalb vor, gegen die Ablehnung der Zurückstellung beim Windpark Remblinghausen-Süd zu klagen. Sollte man andere Erkenntnisse gewinnen, könne die Klage auch zurückgezogen werden. Keine Klage soll es dagegen gegen das Vorhaben bei Freienohl geben – die Absicht des Klinikums, sich hier zu engagieren, sei zu begrüßen.

Zu einer anderen Einschätzung kam SPD-Fraktionschef Jürgen Lipke. Er erwartet, dass ein neuer Flächennutzungsplan die fraglichen Flächen bei Freienohl und Remblinghausen ohnehin enthalten werde. Da die Erfolgsaussichten für diese Klage-Verfahren zudem sehr gering seien, solle auf Klagen gegen beide Standorte verzichtet werden. Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Bischke argumentierte in diese Richtung – Klagen würden die beiden Vorhaben nur verzögern. Maria Gödde-Rötzmeier, Fraktionschefin der UWG, sah bei möglichen Klagen keinerlei Erfolgsaussichten – und äußerte Kritik an der Stadtverwaltung zu mangelnden Informationen in der Sache. Ein Vorwurf, den Bürgermeister Christoph Weber strikt zurückwies: Im Lauf von wenigen Tagen ändern sich Sachstände – „die Schreiben sind ja nicht heute erst gekommen, um uns zu ärgern.“

Für Klageverfahren zu beiden Standorten sprach sich FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Jobst Köhne aus – auch wegen grundsätzlicher Bedenken zur Windkraft-Nutzung. Ratsherr Lutz Wendland (MbZ) wies darauf hin, dass nach den neuen gesetzlichen Vorgaben spätestens 2027 eine Steuerung des Windkraft-Ausbaus über kommunale Flächennutzungspläne wegfalle – es sei deshalb wenig sinnvoll, personelle und finanzielle Ressourcen in Klage-Verfahren zu stecken.

Jeweils mehrheitlich entschieden sich die Ratsmitglieder, auf eine Klage für eine Zurückstellung des Freienohler Windparks zu verzichten – und zur Einhaltung von juristischen Fristen vorläufig Klage für eine Zurückstellung des Standorts Remblinghausen-Süd zu erheben. Bis zur nächsten Ratssitzung soll die neue rechtliche Lage genau analysiert und bewertet werden.

 

Bericht: Pressemitteilung der Stadt Meschede