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Lebensverhältnisse und Lebensgewohnheiten in Freienohl und Umgebung um 1850
Das Essen
Wie einfach und bescheiden waren doch die Lebensverhältnisse vor über 150 Jahren in Freienohl. Der Morgenimbiss bestand vielfach aus trockenem Brot und Zichorienkaffee das Mittagessen aus Durchgemüse (Beschreibung siehe unten). Fleisch kam bei den meisten Familien in der ganzen Woche nicht auf den Tisch. Selbst an Sonn- und Feiertagen wurde es oftmals durch Pfannkuchen ersetzt. Man war froh, ein wenig Fett an die Mittagsmahlzeit zu haben. Am Abend gab es trockene Salzkartoffeln.
Die Kleidung der Männer und Knaben
Die Kleidung der Männer war im Sommer aus farbigen Drill, einem sehr haltbaren Leinenstoff. Über dem kurzen Rock trug man einen blauen, groben Leinenkittel. Der Sonntagsanzug war aus meist blaugefärbtem, echtem Mescheder Tuch. Auch darüber wurde selbst an höchsten Festtagen ein Kittel getragen. Dieser war allerdings aus feinsten Leinen, mit gestickten Brust- und Achselstücken, immer sauber gewaschen und gebügelt. Ein schwarzseidenes Halstuch war der einzige Putz. Die Knaben waren ähnlich gekleidet. Im Winter trugen sie Hosen und Wams (Weste) aus braunen Biber, der gerauht war und eine dichte Decke von kurzen Flusen hatte. Die Kinder sahen dann aus, wie kleine Bären.
Die Kleidung der Frauen und Mädchen
Die Frauen trugen an Werktagen teils Kleider von selbstgesponnenem Leinen, das in der Färberei bedruckt wurde, teils aus gekauftem Baumwollstoffen. Um Schulter und Brust trugen sie ein Tuch, dazu eine blaue oder farbige Schürze. Sie trugen nur ein kleines Tüchlein um den Hals. Hüte gab es nicht. Alle gingen barhaupt. Nur ältere Frauen trugen Mützen. Sonntags trugen die Mädchen Kattunkleider (Leinwandbindige Gewebe aus mittelfeinen Baumwollgarnen, rohweiß, farbig oder bedruckt) mit einem weißen Kragen um den Hals, die Frauen ebenfalls Kattunkleider, schwarze Marinoschürze und größere, bessere Tücher. Wohlhabende Frauen trugen auch wohl Musselinkleider (nach der nordirak. Stadt Mossul benanntes leichtes, feines Woll- oder Baumwollgewebe), dazu Wiener Schals aus herrlichem Gewebe mit feinsten Mustern.
Die Wohnung, Beleuchtung und Sauerländer Öfen
Zur Beleuchtung der Wohnung verwendete man nur gereinigtes oder ungereinigtes Rüböl, das aus Raps gewonnen wurde. Das gereinigte Öl gab ein schönes, helles Licht. Weil es aber teuer war, wollten viele die Pfennige sparen. Dann saß die Mutter beim spärlichen Licht des gewöhnlichen Rüböls, spann und nähte und erzählte den Kinder Geschichten. Wenn es dunkelte, wurde aber nicht gleich das Lämpchen angezündet. Um Öl zu sparen, machte man eine Feierstunde, in welchem gewöhnlich der Rosenkranz gebet wurde.
Zum Beheizen des Wohnraumes wurden damals noch die „Sauerländer Öfen“ gebraucht. Sie trugen über der Feuerung drei senkrecht zusammengestellte rechtwinklige Platten, von denen die vordere oft schön verziert war. Den so entstanden Ofenraum benutzte man im Winter zum Kochen. Man heizte mit „Rodeknüsten“, den Wurzelknorren gefällter Bäume. Fuderweise wurden sie geholt und vor den Häusern aufgestapelt. Steinkohle kannte man damals in Freienohl noch nicht. Abends wurde der Ofen mit Knüsten gefüllt, die Tür gut verschlossen und am anderen Morgen die noch vorhanden Glut wieder angeblasen. Im Sommer wurde auf der offenen Herdstelle gekocht, entweder auf einem Dreifuß oder an einem Längehal, an dem man die Töpfe nach Belieben hoch und niedrig hängen konnte. Am Abend wurden die glühenden Kohlen zusammengescharrt, mit Asche bedeckt und eine eiserne Kapsel darüber gestülpt. Meistens war am anderen Morgen noch Glut da. War das nicht der Fall, so holte man in einem eisernen Gefäß glühende Glut aus dem Nachbarhause.
Die Sauerländer Öfen dienten auch zum Backen von Brotkuchen, „Plätze“ oder „Giesecke“ genannt. Mann scheuerte zu diesem Zwecke die obere Platte des Ofens blank, fettete sie gehörig ein und legte den Teig darauf. Waren die Kuchen auf einer Seite gut gebacken, dann wurden sie abgenommen und an den Seitenwänden des Ofens weiter gebacken. Auf die obere Platte wurde neuer Teig gelegt. Die so hergestellten „Plätze“ wurden von groß und klein gegessen.
Literaturnachweis:
Bilder aus der kulturellen Entwicklung des Mescheder Landes, Arbeits- und Lesebogen für die Schulen des Kreises Meschede, Heft 7, Herausgegeben vom Schulrat Leines, Meschede, 1951
Zichorienkaffee
Schon im Mittelalter trockneten, rösteten und mahlten die Menschen verschiedene Getreidesorten wie Malz, Gerste, Roggen, Samen wie Eicheln oder Bucheckern und Wurzeln wie die Zichorie. Daraus stellten sie einen trinkbaren Sud her. Immer, wenn Bohnenkaffee knapp wurde, fanden derartige Ersatzstoffe – Muckefuck, Land-, Getreide- oder Zichorienkaffee genannt – wieder ihre Liebhaber.
Während des Kaffeeverbots von 1780 unterstützte Friedrich der Große die industrielle Produktion von „Preußenkaffee“. 1797 gab es in seinem Reich bereits 19 Fabriken, die ihn herstellten. Ursprünglich bestand der industriell produzierte Landkaffee ausschließlich aus Zichorienwurzeln. Dazu röstete man die Wurzelteile (die Blätter der Pflanze kennt man als Chicoree-Salat), mahlte sie und vermischte sie mit Speiseölen und -fetten, Karbonaten, Melasse und Zucker. Zichorienkaffee hat eine intensive karamellbraune Farbe und ist koffeinfrei. Später mischte man den Landkaffee aus verschiedenen Getreidesorten und anderen Zutaten (Malz, Feigen, Zichorie usw.).
Im Zweiten Weltkrieg konsumierten die Deutschen dann wieder Muckefuck, als Kaffeebohnen auf dem Schwarzmarkt teuer gehandelt wurden. Im Zuge des Wirtschaftswunders kam der Landkaffee aus der Mode. Heute trinken ihn Gesundheitsbewusste als magenfreundliche und koffeinfreie Alternative. Mittlerweile kostet ein Kilo im Reformhaus oder Ökoladen fast so viel wie ein Kilo Bohnenkaffee.
Der Name Muckefuck soll sich übrigens vom französischen „mocca faux“ (falscher Kaffee) ableiten, das preußische Soldaten während des deutsch-französischen Krieges (1870) eingedeutscht hatten.
(Quelle: http://focus.msn.de)
Durchgemüse
Bezeichnung für alle Gerichte, bei denen ein Gemüse mit Kartoffeln zusammen in einem Topf gekocht wurde (z.B. Fizebohnengemüse). Wichtiger Bestandteil der westfälischen Küche.