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Die Amtssparkasse Freienohl
Am 17. Juli des Jahres 1900 forderten Freienohler Bürger in einer Unterschriftenaktion die Errichtung einer Amtssparkasse. Zur Begründung legten sie dar, durch den wirtschaftlichen Aufstieg seien auch im Amt Freienohl die Einkommen gestiegen. Dies habe einerseits einen gewissen Geldüberfluss gebracht, auf der anderen Seite wachse aber auch die Geldnachfrage. Häufig werde aus Bequemlichkeit das zur Verfügung stehende Geld nicht als Sparkapital angelegt. Wenn dies doch geschähe, dann genössen auswärtige Kassen den Verdienst von Geldvermittlungen. Es wäre aber zu wünschen, dass der Gemeinde aus den Überschüssen eine neue Einkommensquelle erschlossen würde. Die Vorbereitungen zur Gründung einer Kasse waren im Jahre 1902 soweit gediehen, das man sich um eine Mustersatzung bemühen konnte. |
Eröffnung der Amtssparkasse Freienohl am 01. September 1903
Schließlich eröffnete die Amtssparkasse Freienohl am 01.09.1903 ihren Geschäftsbetrieb. Die 13 Gemeinden des Amtsverbandes übernahmen die solidarische Haftung für die Einlagen der Kasse. Erster Rendant wurde der Gastwirt (ehemals Hotel Lindenhof gegenüber der Kirche) und Holzwarenhändler Johann Kerstholt, in dessen Haus sich auch das Geschäftslokal befand. Durch den deutsch-französischen Krieg und den Bau der Ruhrtalbahn war die Holzdrechslerei seines Vaters eingegangen. Er selbst konnte den Betrieb aber in anderer Form wieder aufnehmen. Er bekleidete das Amt bis 1915, aber stets nebenberuflich. Nachfolger wurde sein Sohn Wilhelm Kerstholt, der bereits seit Gründung der Sparkasse seinem Vater dienstlich zur Seite stand und als Rendant vom 01.01.1916 – 28.02.1949 die Freienohler Sparkasse leitete.
In dem ehemaligen Hotel Lindenhof (heute: Eigentümer Familie Reznizak) befand sich das erste Geschäftslokal der Amtssparkasse Freienohl
Die Entwicklung der Freienohler Sparkasse verlief bis zum ersten Weltkrieg positiv. Am Ende des ersten Geschäftsjahres 1904 betrugen die Spareinlagen 210.000 Mark, 1913 überschritten sie die erste Million.
Das Notgeld von Freienohl.
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Die Mobilisierung bei Kriegsbeginn hatte den Zahlungsmittelbedarf sprunghaft gesteigert. Die von der Obersten Heeresleitung in den ersten sechs Mobilmachungstagen benötigten 750 Millionen Mark führten zu einer Knappheit beim Kleingeld bis zum 5-Mark-Stück, obwohl alle Münzstätten auf Hochtouren arbeiteten. Um den Zahlungsverkehr aufrecht zu erhalten, gaben Städte, Gemeinden und Firmen mit staatlicher Duldung im August und September 1914 eigenes Notgeld zu 50 Pfennig, 1, 2, 3 und 5 Mark aus. Zwischen 1919 und 1924 wurden die mit den Reparationen verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten immer größer. Infolge der aus der ersten Zahlung vom September 1921 erwachsenden Inflation versuchte das Reich wiederholt Aufschub für weitere Zahlungen zu erwirken. Die Gemeinde Freienohl brachte, um den Geldmangel zu beheben, das bekannte Notgeld heraus, mit welchem trotz der Sorgen auch viel Witz und Humor verbunden war. Das beweisen die vier Sprüche auf den Scheinen. |
Die Inflation
Für einen großen Teil der immensen Kriegskosten hatte der Staat die Bürger durch Kreditinanspruchnahme in Form der Kriegsanleihe belastet. Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg wurde offenkundig, dass diese Kriegsanleihen, die fast 100 Milliarden Mark ausmachten, buchstäblich in die Luft gefeuert waren. Ihnen standen keine Güter und Werte mehr gegenüber. Hinzu kamen noch die Reparationsforderungen der Siegermächte in einer Gesamthöhe von 132 Milliarden Goldmark. Eine Geldentwertung, die „große Inflation“, war unvermeidlich. Der höchste Wert eines einzelnen Geldscheines betrug: 100 Billionen Mark. | Aufgewertete Reichsbanknote vom 15.12.1922. Der erste Wert (1.000 Mark) wurde überdruckt und auf 1. Mio. Mark erhöht. |
Außenwirtschaftlich sah das so aus:
Juli 1922 | 1 Dollar | 493 Mark |
Juli 1923 | 1 Dollar | 353.412 Mark |
September 1923 | 1 Dollar | 98.860.000 Mark |
November 1923 | 1 Dollar | 4.200.000.000 Mark |
Nach Kaufkraft sah das in Freienohl am 15. 11.1923 so aus:
ein Liter Milch | 340 Milliarden Mark |
ein Kilo Brot | 580 Milliarden Mark |
ein Kilo Rindfleisch | 2,6 Billionen Mark |
Durch die Inflation des Jahres 1923 wurde das Eigenkapital der Amtssparkasse völlig entwertet. Somit waren keine Sicherheiten als Kreditunterlage vorhanden. Zur „Wiederingangsetzung“ des Diskont- und Lombardkredits sah sich die Sparkasse veranlasst, der Reichsbank Sicherheit in Form einer Bürgschaft der Gemeinde Freienohl bis zur Höhe von 60.000 RM zu stellen. Erst im Jahre 1942 entlastete die Reichsbankstelle in Lippstadt die Gemeinde Freienohl von der Bürgschaft.
Reichsbanknote über fünfzig Millionen Mark.
Text auf der Reichsbanknote: Fünfzig Millionen Mark zahlt die Reichsbank
Berlin den Einlieferer. Vom 1. Januar 1924 ab kann diese Banknote
aufgerufen und unter Umtausch andere gesetzliche Zahlungsmittel
eingezogen werden. Berlin, den 1. September 1923
Die Regierung führte durch eine Verordnung vom 15. Oktober 1923 eine Währungsreform durch. Es wurde eine Rentenbank gegründet, die Rentenmark löste die Mark ab, die Ausgabe der neuen Rentenmark erfolgte am 16. November 1923.
Die Entwicklung der Amtssparkasse bis zum Ende des 2. Weltkrieges
Nach Einführung der Rentenmark und Stabilisierung des Deutschen Währungssystems widmete sich die Sparkasse wieder mehr dem Sparverkehr und der Vergabe langfristiger Realkredite. Während der gesamten 12jährigen NS-Herrschaft hatte die Sparkasse immer wieder ihren hohen Opfersinn für nationale Zwecke zu beweisen. Dahinter verbargen sich Spenden zur Unterstützung von Projekten gesellschaftlicher, politischer und kultureller Art. Zinsüberschüsse und reingewinne flossen u.a. in die Errichtung eines weiblichen Arbeitsdienstlagers in Hellefeld (1936/39), als Beihilfe für ein Radio im Reservelazarett Oeventrop (1939) und in die Instandsetzung eines HJ-Heimes Freienohl (1940).
Gleichzeitig unterstütze die Amtssparkasse Freienohl: Umbau der Schützenhalle, Anschaffung eines Feuerwehrlöschzuges, Bau einer Naturbühne in Freienohl, Errichtung öffentlicher Büchereien, Unterstützung von Nähstuben, TBC- und Seuchenbekämpfung, Förderung des Fremdenverkehrs in Oeventrop.
Mit Geldern der Amtssparkasse wurde die Alte Schützenhalle im Ohl umgebaut, September 1938
Nach der Bilanz des Jahres 1941 betrug das Eigenkapital 187.000 RM. Das waren 7% des Einlagenbestandes. In den Jahren des Zweiten Weltkrieges erlebte die Amtssparkasse eine Scheinblüte. So hieß es optimistisch in dem Geschäftsbericht des Jahres 1941, dass die kriegsbedingten Verbrauchseinschränkungen bei den durch den Krieg gesteigerten Einkommen eine „lebhafte Kapitalbildung“ gestatteten. Wenige Monate vor dem Zusammenbruch beschäftigte die Behörden ein besonderes Problem der Amtssparkasse. Diese führte nämlich als Siegel das Wappen der Gemeinde Freienohl. Man stellte fest, dass dies nicht zulässig war. Die Zeitumstände verhinderten aber, aus dieser Erkenntnis konkrete Folgerungen zu ziehen.
Die Amtsparkasse Freienohl in den letzten Kriegstagen des 2. Weltkrieges
Von der Amtssparkasse Freienohl ist ein Bericht über den Sparkassenbetrieb der letzten Kriegswochen erhalten geblieben.
„... die feindlichen Luftangriffe erfuhren eine erhebliche Steigerung (Mitte März 1945). Der Geschäftsbetrieb musste öfters stundenlang zur Aufsuchung der Luftschutzräume unterbrochen werden ... In der ersten Woche des Monats April konnte man das Herannahen der Front durch Geschützdonner und Gewehrfeuer deutlich wahrnehmen. Trotz aller Erschwernisse wurde der Geschäftsverkehr bis zum 7. April ordnungsgemäß aufrechterhalten... Am Montag, den 9. April, (haben wir) vormittags noch den Geschäftsverkehr weitergeführt. Gegen Mittag lief das Gerücht, dass die Ruhrbrücke im Zug der Reichsstraße gesprengt werden sollte und haben wir den Betrieb 11 1/2 vormittags geschlossen. Als die Sprengung ... jedoch unterblieb, haben wir von nachmittags 14.00 bis 19.00 den Geschäftsverkehr noch wieder abgewickelt... Am 10. April konntewegen des fortgesetzten Artilleriebeschusses der Geschäftsverkehr nicht mehr aufgenommen werden ... Freienohl sollte bis zum äußersten verteidigt werden...
Panzer auf Freienohls Straßen
Während einer kurzen Feuerpause am 11. April verbreitete sich wie ein Lauffeuer ein Gerücht, dass Freienohl mit Phosphor und Fliegerbomben belegt werden sollte, sofern die bedingungslose Kapitulation bis 12.00 Uhr mittags nicht erfolgt sei. Inzwischen war der Ort zur Verteidigung durch schwache deutsche Streitkräfte vorbereitet worden. Auch im Kassengebäude befanden sich deutsche Soldaten ... gelang es schließlich, die schwache Besetzung zur bedingungslosen Kapitulation zu bewegen ... Gegen 12.00 Uhr mittags rückten die ersten Amerikaner... in den Ort ein und nahmen ihn in Besitz ... Gegen 12.00 Uhr musste das Kassengebäude vollständig geräumt werden und wurde mit feindlichen Truppen belegt, die am 13. April wieder abzogen. Das Kassengebäude und die Einrichtung blieben bei den Kampfhandlungen und der Besetzung unbeschädigt, jedoch ruhte der Geschäftsverkehr bis einschließlich 13. April weiter. Am 14. April haben wir versucht, den Geschäftsverkehr wieder in Gang zu bringen, und zu diesem Zweck zunächst den Buchabschluss - soweit er vorher nicht mehr getätigt werden konnte - gemacht. Am Montag, den 16. April, sollte der Geschäftsverkehr in vollem Umfang wieder aufgenommen werden. Gegen 10.00 Uhr erschien ein amerikanischer Major mit einem Kommando und verfügte die vorläufige Schließung des Geschäftsbetriebes. Von der inzwischen eingerichteten Militärregierung in Arnsberg wurden Ende April Bestimmungen über die Wiedereröffnung der Banken und Sparkassen erlassen. Am 2. Mai wurden wir von der Reichsbank in Arnsberg ermächtigt, einen beschränkten Geschäftsverkehr nach den Vorschriften der Militärregierung wieder aufzunehmen. Am nächstfolgenden Tage, den 3. Mai, ist die Kasse dann wieder für den Geschäftsverkehr eröffnet worden."
Kennzeichnend für die ersten Nachkriegsmonate war, dass viele Einwohner Freienohls nun mangels Einkommen auf ihre Rücklagen zurückgreifen mussten.
Die Währungsreform
100 Deutsche Mark - Am 20. Juni 1948, mit Durchführung der Währungsreform, wurde die Deutsche Mark eingeführt.
Am 18. Juni 1948 geben die Militärregierungen über alle Rundfunksender die Durchführung der Währungsreform am Sonntag, dem 20. Juni 1948 bekannt. Spätestens mit der Währungsreform - die eigentliche „finanzielle Abrechnung mit dem 2. Weltkrieg" - zeigte sich, wer die Kosten des Krieges zu tragen hatte. Während es vielen Unternehmern gelang, ihr Vermögen über die Zeit zu retten, vor allem durch vorherige Flucht in Sachwerte, blieb dem „kleinen Mann" nur ein Haufen Papiergeld, das mit einem Schlag wertlos wurde. Zunächst konnten nur 40,- DM "Kopfgeld" gegen die alte Reichsmark umgetauscht werden. Löhne, Gehälter und Mieten wurden 1:1, Sparguthaben 10:1 umgewertet. Besitzer von Sachwerten gehörten zu den Gewinnern der Reform. Sparguthaben und Bargeld verloren dagegen stark an Wert.
Als die Amtssparkasse nach der Währungsreform im Jahre 1953 ihr 50-jähriges Jubiläum feiern konnte, waren die Einlagen schon wieder auf über eine Million gestiegen.
Die Amtssparkasse Freienohl wird Sparkasse Meschede / Eslohe
Mit der kommunalen Neugliederung in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1975 vollzog die selbständige Amtssparkasse Freienohl den Schritt ihrer Kommune nach. Sie wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1976 zur neuen Zweckverbandssparkasse der Stadt Meschede und der Gemeinde Eslohe vereinigt. Neue Geschäftstellen wurden Freienohl, Breiter Weg, 1977 Geschäftsstelle Rümmecke und 1979 Geschäftsstelle Bettenhelle.
Sparkasse in Freienohl, Geschäftsstelle Breiter Weg
Vorsitzende der Sparkassen Verwaltung Freienohl (ab 1958 Sparkassenrat, ab 1970 Verwaltungsrat)
1903-1907 | Göpfert*, Gemeindevorsteher *) Vorname unbekannt |
1907-1912 | Caspar Keßler, Gemeindevorsteher |
1912-1914 | Wilhelm Niesen, Gemeindevorsteher |
1914-1919 | Johann Schwefer, Gemeindevorsteher |
1919-1920 | Johann Flinkerbusch, Gemeindevorsteher |
1920-1922 | Adelbert Linneborn, Gemeindevorsteher |
1922-1923 | Kaspar Rocholl, Gemeindevorsteher |
1923-1924 | Adelbert Linneborn, Gemeindevorsteher |
1925-1933 | Josef Schwefer, Gemeindevorsteher |
1933-1934 | Heinrich Schwer, Gemeindevorsteher |
1934-1940 | Heinrich Michel, Amtsbürgermeister |
1943-1945 | Josef Linnenbrügger, Amtsbürgermeister |
1945-1946 | Albert Hahne, Amtsbürgermeister |
1946 | Klemens Köster, Bürgermeister |
1946-1948 | Josef Schwefer, Bürgermeister |
1948-1950 | Klemens Köster, Bürgermeister |
1950-1952 | Heinrich Höhmann, Bürgermeister |
1952-1956 | Ludwig Pöttgen, Bürgermeister |
1956-1958 | Kuno Humpert, Bürgermeister |
1958-1974 | Josef Pütz, Amtsdirektor |
Rendanten und Direktoren der Sparkasse Freienohl
1903-1915 | Johannes Kerstholt |
1916-1949 | Wilhelm Kerstholt |
1949-1958 | Anton Seemer |
1958-1960 | Reinhard Flechtner |
1960-1975 | Norbert Lichte |
Literaturnachweis: 150 Jahre Sparkasse Meschede, 1845 - 1995, Sparkasse Meschede
Freiheit Freienohl, 1272-1975, Dr. Manfred Wolf, 1985
Bildnachweis: Logo und Geschäftsstelle Freienohl: www.sparkasse-meschede.de
Alle übrigen Fotos: Aus der Sammlung von Karl-Heinz Kordel, Freienohl