Mit der Eisenbahn durch die Giesmecke nach Warstein? 1886


1871 fuhr die erste Eisenbahn von Arnsberg nach Freienohl.
Das Foto aus den 1970er Jahren zeigt eine Dampflok die den Freienohler Tunnel verlässt

1871 fuhr die erste Eisenbahn von Arnsberg nach Freienohl. Aus der Geschichte dieser Ruhrtalbahn sind zwei nicht so bekannte Begebenheiten noch erwähnenswert. Zunächst aus den Freienohler Gemeindeprotokollen:

17. April 1889 (Nr. 4; Amtsarchiv 407): „Die Anlegung einer Haltestelle am nördlichen Ausgang des Tunnels soll bei der zuständigen Behörde erbeten werden.“ Desgleichen noch einmal am 4. Mai 1889 (Nr.2; Amtsarchiv 407). Tatsächlich kam der Bahnhof an die entgegen gesetzte Seite. In zwei Gemeindeprotokollen vom 5. Dezember 1892 (Amtsarchiv 411) und 26. April 1895 (Amtsarchiv 412) wird erwähnt, dass die Gemeinde Herrn Pfarrer Falter für seine „Bahnhofsmission“ zum entsprechenden Ministerium nach Berlin 200 Mark als Aufwandsentschädigung zahlte.

Nicht ganz so bekannt ist der Wunsch der Hirschberger und der Lippischen Eisenbahn aus dem Jahre 1886. Dem Freienohler Gemeindeprotokoll vom 2. Juni 1886 (Nr. 1; Amtsarchiv 407) ist zu entnehmen, dass Amtmann Enser dem Gemeinderat vortrug, dass die Bahngesellschaft an einer Strecke Freienohl mit Bahnhof im Langel – Giesmecke – Hirschberg und weiter nach Warstein interessiert sei. Hirschberg sei bereit, für dieses Projekt einiges Geld auszugeben. Von diesem Projekt konnte der Rat noch nicht überzeugt werden. Doch der Stellvertretende Gemeinde-Vorsteher Joseph Noeke wird beauftragt, von der Bahngesellschaft nähere Pläne in Erfahrung zu bringen.

9. Dezember 1886 (Nr. 2; Amtsarchiv 407): „Zur Versammlung der projektierten Bahn Warstein – Ruhrtal in Warstein werden deputiert (als offiziell Beauftragte hingeschickt): Pfarrer Falter und Stellvertretender Gemeinde-Vorsteher Joseph Noeke. Sie sollen die Weiterführung von Warstein durch die Giesmecke nach Freienohl mit Bahnhof befürworten. Dieses Projekt sei bedeutend billiger auszuführen als die Linie Wennemen – Meschede. Freienohl beteiligt sich dann auch an den Vermessungskosten von Freienohl bis zum Plackweg.“

8. Januar 1887 (Nr. 7; Amtsarchiv 407): „Herr Noeke berichtete über die Verhandlungen mit der Warstein-Lippstädter-Eisenbahn. Die Terrainverhältnisse von Freienohl bis zum Plackweg sollen mit Hilfe eines ortskundigen Begleiters untersucht werden. Ein Baurat soll auf Gemeindekosten am Gutachten mitarbeiten, ob die Gemeinde Freienohl auf ihre Kosten das Projekt bis zum Plastenberg ausarbeiten lassen will. Empfohlen von Caspar Kessler und C. Rocholl wird Baurat Schmitz aus Hagen.“

24. Januar 1887 (Nr. 9; Amtsarchiv 407): „Ingenieur Frohwein aus Elberfeld (wohl bekannt vom Bau der Ruhrtalbahn) soll die Terrainverhältnisse von Freienohl durch die Giesmecke auf dem Plackweg besichtigen. Von seinem Gutachten soll es abhängen, ob die Gemeinde das Eisenbahnprojekt verfolgt.“

17. Februar 1887 (Nr. 4; Amtsarchiv 407): „Da der Ingenieur Frohwein bis jetzt nicht zu ermitteln ist, so übernahm Herr Kessler es mit dem Herrn Ökonomierat Sternberg zu Lippstadt mündlich zu conferieren (sich mündlich abzusprechen). Kosten sollen der Gemeinde hierdurch nicht erwachsen.“

1. März 1887 (Nr. 1; Amtsarchiv 407): „Zur oberflächlichen Projektierung (wohl nur die Oberfläche betreffend) der Strecke Freienohl – Plackweg soll auf Kosten der Gemeindekasse der Herr Ingenieur Uflacka schleunigst die Vermessung vornehmen. Sämtliche Gemeindeverordneten erklärten sich bereit, Gelder zu diesen Projektierungskosten bei ihren Freunden und Bekannten zu sammeln.“

18. April 1887 (Nr. 1; Amtsarchiv 407): „Das Bahnprojekt …wurde vorgelegt. Der Gemeindeverordnete Kessler soll mündlich mit dem Ingenieur Uflacka in Elberfeld conferieren.“

25. April 1887 (Nr.1; Amtsarchiv 407): „Herr Kessler referierte über sein Gespräch mit dem Herrn Ingenieur Uflacka in Elberfeld. Die weiteren Kosten, die durch die Projektierung der Bahn durch das Ohl im Anschluss an die Ruhrtalbahn am südlichen Portal des Freienohler Tunnels entstehen, werden bewilligt.“

14. Mai 1887 (Nr. 1; Amtsarchiv 407): „Das vom Ingenieur Uflacka vervollständigte Eisenbahnprojekt Freienohl – Hirschberg – Warstein soll dem Herrn Ökonomierat Sternberg zu Lippstadt eingereicht werden mit der Bitte der Weiterleitung an das Comité der Eisenbahn Warstein - Ruhrtalbahn mit der Bitte, die Gemeinde Freienohl zu den Comité-Sitzungen heranzuziehen.“ Inhalte des Gutachtens stehen nicht im Protokoll, wurden bisher auch nicht gefunden.

4. August 1887 (Nr. 7; Amtsarchiv 407): „In Betreff des Eisenbahnprojekts sollen sich der Amtmann Enser und der Stellvertretende Gemeinde-Vorsitzende Joseph Noeke mit dem Amtmann Schmitz in Warstein und mit Leihse in Hirschberg in Verbindung setzen.“

Das Gemeinde-Protokoll im Amtsarchiv 407 schließt ab am 30. August 1889, also 2 Jahre nach der letzten geplanten „Verbindung“. Möglicherweise wurde während jener Sitzung 1887 aus Kostengründen der Ausstieg angesprochen. Auch im folgenden Protokoll-Buch Amtsarchiv 411 steht nichts von der projektierten Reise durch die Giesmecke. Erst Jahre später: am 3. April 1913 schreibt der Protokollant der Gemeinde-Vertretung (Nr. 6, Amtsarchiv 415): „Die Verhandlungen in der Bahnangelegenheit Warstein – Hirschberg – Ruhrtalbahn sollen vorläufig auf sich beruhen bleiben.“

 

Foto: Markus Geißler, Freienohl

Text: Heinrich Pasternak.